Stellungnahme Pro Familia Trier
- Deniz Uyanik

- 2. Sept.
- 2 Min. Lesezeit
📝Stellungnahme zur nicht gewünschten Teilnahme meiner Kandidatur für den Vorstand bei Pro Familia Trier – eine verpasste Chance für echte Vielfalt
Vielfalt, Inklusion und sexuelle Selbstbestimmung sind zentrale Werte, die sich Pro Familia die auf die Fahne geschrieben hat. Umso bedenklicher ist es, wenn Menschen, die sich aktiv für diese Werte einsetzen, strukturell ausgegrenzt werden.
Ich, Nicole Schulze, bin seit über fünf Jahren im Vorstand, mittlerweile Vorstandsvorsitzende des Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen (BESD) und bundesweit als Aktivistin und Sexarbeiterin bekannt.
Mein Engagement gilt insbesondere Menschen mit Behinderung, Spastik und Demenz, deren sexuelle Selbstbestimmung oft übersehen oder tabuisiert wird. Auch setze ich mich sehr stark für die Sexarbeit auf der Straße ein.
Im April 2025 folgte ich dem öffentlichen Aufruf des Ortsverbands Pro Familia Trier, neue Mitglieder für den Vorstand zu gewinnen. Nach einer positiven Vorstandssitzung, wo ich mich vorstellen durfte und meiner offiziellen Mitgliedschaft im Juli wurde mir Ende August telefonisch nahegelegt, von einer Kandidatur abzusehen, ohne Angabe von Gründen. Es könnte wenn ich kandidiere zu einem Eklar kommen.
Diese Vorgehensweise wirft grundlegende Fragen auf: Wie offen ist der Verein tatsächlich für Perspektiven, die außerhalb gesellschaftlicher Normen liegen? Wie glaubwürdig ist ein Leitbild, das Vielfalt betont, wenn Menschen mit praktischer Erfahrung in der Sexarbeit und der Begleitung von Menschen mit Behinderung nahe gelegt wird nicht zu kandidieren?
Diese Entscheidung hat mich nicht nur enttäuscht, sondern auch tief verletzt. Ich empfinde sie als diskriminierend, sowohl in Bezug auf meine berufliche Tätigkeit als Sexarbeiterin als auch auf meine gesellschaftliche Position als marginalisierte Frau.
Die Intransparenz und das Schweigen über die Gründe lassen Raum für Vorurteile, die mit dem Leitbild von Pro Familia nicht vereinbar sind.
Trotz dieser Erfahrung werde ich selbstverständlich kandidieren. Denn ich möchte gerade den Menschen Mut machen, die ähnliche Ausgrenzung erleben.
Menschen, deren Stimmen oft überhört werden, deren Engagement nicht gesehen wird. Ich stehe für eine inklusive, lebensnahe und menschenwürdige Sexualpolitik. Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass Vielfalt nicht nur behauptet, sondern gelebt wird.
Mein Beitrag könnte den Ortsverband nicht nur fachlich bereichern, sondern auch neue Türen geöffnen, für Kooperationen, öffentliche Sichtbarkeit und eine glaubwürdige Haltung gegenüber sexueller Selbstbestimmung. Die Entscheidung, mich auszuschließen, ist eine verpasste Chance für echten Fortschritt. Ich werde nicht schweigen. Ich werde sichtbar bleiben.
Die Mitglieder von Pro Familia entscheiden über die Zusammensetzung des Vorstands. Damit auch über die Zukunft des Vereins. Es liegt in ihrer Verantwortung, ob Pro Familia ein Ort bleibt, der sich glaubwürdig für sexuelle Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe einsetzt.
Ich hoffe, dass sich viele Mitglieder bewusst für den Weg der Vielfalt entscheiden – für Offenheit, für Mut und für echte Veränderung.





