Sexualassistenz / Sexualbegleitung
- Deniz Uyanik

- 27. Mai 2021
- 2 Min. Lesezeit
Die Sexualassistenz und Sexualbegleitung, die ich anbiete, sind bezahlte sexuelle Dienstleistungen für behinderte und beeinträchtigte Menschen. Ich biete meine Dienste beispielsweise für Menschen in Altenheimen oder mit Demenz an. Mein Angebot umfaßt auch den oralen Verkehr und den Geschlechtsverkehr. Aber das steht nicht unbedingt im Vordergrund. Eine Begegnung mit mir besteht manchmal auch einfach darin, daß Menschen Berührungen erleben, daß sie gehalten und gestreichelt werden.
Unsere Gesellschaft sollte anerkennen, daß uns die Sexualität ein Leben lang begleitet, auch bis ins hohe Alter. Liebe und Nähe geben uns ein gutes Gefühl. Nach wärmenden Berührungen und Zärtlichkeiten fühlen wir uns gut. Mit der Sexualität verbindet sich auch Lebensenergie.
Bei älteren Menschen vergessen wir oft, daß auch sie noch sexuelle Gefühle und Bedürfnisse haben. Und wenn, dann sehen wir diese Wünsche meist in problematischen Formen. Zum Beispiel, wenn Menschen gegenüber dem Pflegepersonal übergriffig werden. Manchmal kann Sexualassistenz solchen Problemen vorbeugen oder sie lindern.
Viele Menschen vereinsamen immer mehr in unserer Gesellschaft. Ich habe Kunden, die mich noch im hohen Alter zu sich rufen. Da geht es nicht mehr um den Geschlechtsverkehr. Es geht um Aufmerksamkeit, Nähe, Wärme, Streicheln und Berührungen. Darum, einen anderen Menschen zu spüren, körperlich zu fühlen. Sexualität zu erleben ist auch für alte Menschen ein tolles, schönes Gefühl, das die Person stärkt und ihr Kraft gibt. Auch werden viele Menschen gelassener und ruhiger, viele sind dann weniger aggressiv.
Ich halte meine Arbeit für wichtig und sinnvoll. Ich bin selbst 41 Jahre und liebe es, wenn ein Mensch zärtlich zu mir ist, mich berührt und mir seine Wärme und Nähe schenkt. Diese schönen Gefühle möchte ich mein ganzes Leben lang haben. Ich will nicht fürchten, daß ich, je älter ich werde, um so weniger davon bekomme. Ich möchte auch körperlich nicht vereinsamen.
Wir müssen uns für die Sexualität nicht schämen. Aber viele von uns müssen lernen, offen damit umzugehen und zu erkennen, daß sie ein Teil von uns ist. Egal, ob ein Mensch jung oder alt ist. Berührungen und Wärme sind so wichtig, besonders für unsere Seele.
Ich wünsche mir von der Gesellschaft, daß wir nicht warten, bis es mit der Sexualität im Alter Probleme gibt. Sondern daß wir sagen: „Es ist normal, sie gehört zu uns und wir müssen einen Weg finden, wie wir sie ermöglichen.“ Menschen wie ich, die sie als bezahlte, sexuelle Dienstleistung anbieten, sind nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. Noch herrscht nicht überall Offenheit und manchmal stoße ich auf sehr viel Gegenwind. Aber ich weiß, daß wir mit Reflexion und Würdigung einen wichtigen und sinnvollen Dienst anbieten können.
Eure Nicole
Weiterführende Links
Der Diversity-Tag – Zusammen für Vielfalt: Sexualassistenz (SWR1 Rheinland-Pfalz / Soundcloud)





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